Vor wenigen Wochen war in Ziegelhausen eine von Windkraftkritikern initiierte Veranstaltung gewesen, bei der auch Dieter Teufel1 das Wort hatte. Der Tenor dieser Veranstaltung war allerdings: Ja, Windanlagen sind gut. Nur: Bitte nicht vor unserer Haustüre. Das ist nichts weiter als das Sankt-Florians-Prinzip:

Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd' and're an.


Ob das dann so politisch korrekt ist, mag jeder für sich selbst entscheiden.

Am vergangenen Freitag boten wir einen Themenabend zum Thema Windenergie an. Der Referent war Gunter Braun, ein ehemaliger Physiker. Gunter Braun konzentrierte sich in seiner Kritik schwerpunktmäßig auf einen einzelnen Punkt, den man, wenn man gegen die Windindustrie anargumentiert, vielleicht gar nicht so auf dem Schirm hat:

Das Energiespeicherproblem.

Dieses Speicherproblem haben alle Energie erzeugenden Anlagen, insbesondere jene, die Energie aus Wasser, Wind oder Sonne gewinnen sollen: Diese "Rohstoffe" sind nicht verlässlich vorhanden - anders als beispielsweise Kohle, Gas oder gar die ach so böse Kernenergie. Bei Energie aus Wasser sieht es nicht ganz so dramatisch aus, konzentrieren wir uns also auf die gehypte Sonnen- und Windenergie. Hier haben wir aber ein Problem: Manchmal scheint die Sonne, manchmal scheint sie nicht; manchmal bläst der Wind und manchmal bläst er nicht. Und leider wird Energie oft genau dann gebraucht, wenn diese Energiequellen gerade nicht zur Verfügung stehen und umgekehrt.

Nun könnte man auf die Idee kommen, dann wenn der Wind besonders bläst und somit ein Zuviel an Windenergie produziert wird, könne man den überschüssigen Strom speichern. An sich eine gute Idee, auf die auch schon Anna-Lena Baerbock2 gekommen ist. Nur: Das funktioniert so nicht. Für Sonnenenergie gilt übrigens das gleiche wie für die Windenergie, denn hierbei handelt es sich um nicht planbare und in ihrer Verfügbarkeit stark schwankende Energiequellen - es ist sogenannter "Zappelstrom". Mal ist er da, mal nicht. Mal ist er ein bisschen da, dann wieder im Überfluß. Das Stromnetz einer Industrienation muss aber verlässlich sein, Strom muss kontinuierlich vorhanden sein - und genau diese Kontinuität liefern Kohle, Öl, Gas, die böse Kernenergie und in Grenzen auch Wasser und Biomasse. Man spricht hier von "grundlastfähiger" Energieproduktion. Sonnen- und Windenergie ist genau das nicht: Grundlastfähig.

Theoretisch mag es möglich sein, Strom "im Netz zu speichern" - wenn in das Netz denn überhaupt hinreichend Speichermöglichkeiten eingebunden wären. Solche Speichermedien wären beispielsweise Pumpspeicherkraftwerke. Allerdings ist es völlig illusorisch darüber nachzudenken, dass wir mit Pumpspeicherkraftwerken Grundlastfähigkeit erreichen können - die Fläche für eine derartige Zahl an Pumpspeicherkraftwerken ist einfach nicht vorhanden3.

Andere Ideen zur Speicherung verweisen auf die Umwandlung von überschüssigen Strom in Wasserstoff, diesen könne man nach speichern und so den bisher nicht speicherbaren Strom über die Transformation in Wasserstoff speicherbar machen. Nur: Die Umwandlung von Strom in Wasserstoff (wenn zu viel Strom produziert wird) und dann wieder in Strom (wenn weniger Strom als benötigt produziert wird) ist mit derart großen Energieverlusten verbunden, dass das als kaum sinnvoll erscheint. Ähnlich verhält es sich mit den synthetischen Treibstoffen, die auch immer wieder als Speichermedium in die Diskussion eingebracht werden. Für beide Energieträger gibt es aktuell noch nicht einmal ansatzweise eine Infrastruktur.

Über die Speicherung in den Akkus der E-Autos brauchen wir auch nicht nachzudenken - das wird keiner wllen, der ein E-Auto fährt. Abgesehen davon sind die derzeitigen Wallboxen gar nicht dafür geeignet, Strom zurück ins Netz einzuspeisen.

Und was auch keiner will, ist ein sogenanntes "Smart Grid", was am Ende nichts anderes bedeutet, dass unwichtige Stromverbraucher teilweise flächendeckend einfach mal so abgeschaltet werden. Wer abgeschaltet wird, entscheidet dann irgendein Ökoheini vom Prenzlberg oder halt sonstwer.

Und selbst wenn wir hinreichend Speichermöglichkeiten hätten, hätten wir noch immer nicht die Kapazitäten, diese wechselnden Strommengen und insbesondere die unweigerlich anfallenden Spitzen der Energieeinspeisung zu transportieren. Dafür ist das Netz überhaupt nicht ausgelegt. Das Netz muss zwingend auf einer bestimmten Frequenz gehalten werden - funktioniert das nicht, drohen mehr oder großflächige Blackouts, mindestens aber erhebliche Eingriffe in die überregionalen Stromnetze. Ein Netz, in das aber mal viel und dann mal wenig Strom eingespeist wird, kann das nicht leisten. Abgesehen davon benötigt ein Netz, dass diesem Zappelstrom gewachsen ist, eine deutlich dichtere Infrastruktur, oder anders: Wir brauchen deutlich mehr Energietrassen. Und die will auch keiner.

Zurück zur Windindustrie: Letztlich verlangt ein mehr an Zappelstrom einen deutlichen Ausbau der Speicherkapazität und einen deutlichen Ausbau der Transportkapazitäten. Beides ist nicht machbar und extrem unwirtschaftlich. Wir brauchen andere Konzepte und solange wir die nicht haben, führt kein Weg an bewährten und leider aufgegebenen Versorgungsstrukturen vorbei.

Es ist eine Energiewende ins Nichts (Hans-Werner Sinn) 4


Bildquelle: Pexels (Kindel Media)


  1. Leiter des Umwelt- und Prognose-Instituts  ↩︎

  2. "An Tagen wie diesen, wo es grau ist, da haben wir natürlich viel weniger erneuerbare Energien. Deswegen haben wir Speicher. Deswegen fungiert das Netz als Speicher. Und das ist alles ausgerechnet." ↩︎

  3. Vorhandene Kapazität: 0,327 TWh, maximal baubar: 2,618 TWh, allein Deutschland würde aber 6,5 TWh benötigen (Studie im Auftrag der EU-Kommission 2015) ↩︎

  4. Energiewende ins Nichts ↩︎