Die Frage ist allerdings: Was zum Teufel kann eine funktionierende Demokratie mit einem Hinweisgeberschutzgesetz anfangen? Oder ist es mit der Demokratie inzwischen nicht mehr so weit her? Fragen über Fragen.

Nachbarn samt Kindern anzeigen und auf das Hinweisgeberschutzgesetz berufen und die Demokratie ist gerettet? Was für eine Zeit zu Leben. What a time to bei alive.


Die Illusion des Schutzes.

Das Whistleblower-Schutzgesetz mag auf den ersten Blick wie ein dringend benötigtes Bollwerk der Demokratie erscheinen, ist aber bei näherer Betrachtung mehr Schein als Sein. Eines der Hauptprobleme ist seine mangelnde Effektivität. Obwohl es vorgibt, Whistleblower zu schützen, fehlen oft die notwendigen Durchsetzungsmechanismen, um diesen Schutz in die Praxis umzusetzen. Und es fehlen eindeutige Grenzziehungen.

Es bleibt daher weitgehend ein reines Denunziantentum.


Mangelnde Abschreckung.

Eine der größten Gefahren des Hinweisgeberschutzgesetzes besteht darin, dass es keine ausreichende Abschreckung für Unternehmen und Behörden bietet, um vermeintliche Whistleblower von Vergeltungsmaßnahmen oder Mobbing gegen Vorgesetzte, Konkurrenten oder wen auch immer abzuhalten. Man muss sich nur einmal die Hotelbranche und die Bewertungen auf den Buchungsportalen anschauen: Unglaublich, was da abgeht. Kenner der Szene wissen, wovon ich schreibe.

Wenn die Strafen für entsprechende Verstöße nicht signifikant sind, werden Unternehmen und Behörden weiterhin versucht sein, Whistleblower einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Das ist eine unmittelbare Gefahr für die Transparenz und die Integrität unserer Demokratie.


Schutz in der Theorie, aber nicht in der Praxis.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass das Gesetz zwar in der Theorie existiert, aber in der Praxis keinen wirksamen Schutz für Whistleblower bietet. Whistleblower, die sich auf den Schutz des Gesetzes verlassen, setzen sich immer noch erheblichen Risiken aus, einschließlich beruflicher Konsequenzen und persönlicher Einschüchterung. Die Realität ist, dass viele Whistleblower trotz des Gesetzes nicht den Schutz erhalten, den sie verdienen.

Übrig bleiben die Nervensägen, die aus welchen Gründen auch immer unliebsamen Kollegen ans Bein pinkeln wollen. Tatsächlich können über die interne oder externe Meldestelle bewusst oder unbewusst Falschmeldungen abgegeben werden. Das Vertrauen ist jedenfalls dahin.


Bürokratiemonster.

Unternehmen sind nun verpflichtet, das Hinweisgeberschutzgesetz umzusetzen. Kein Unternehmen wird sich in die Untiefen juristischer Fallstricke begeben und diesen Irrsinn umsetzen wollen. Also wird das Ganze outgesourct - gegen Geld natürlich. Die nächste Dienstleistungsbranche, die hier entsteht. Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern dürfen übrigens nicht outsourcen.

Nach dem dringend benötigten Chefbeauftragten jetzt also auch noch der Meldestellenbeauftragte. Sorry, Meldestellenbeauftragt:in. So viel Zeit muss sein. 

Regelmäßige juristische Auseinandersetzungen aufgrund von Meldungen dürften vorprogrammiert sein. Ein Problem sind die bürokratischen Hürden, die Whistleblower überwinden müssen, um in den Genuss des Schutzes zu kommen. Das Gesetz verlangt in der Regel, dass der Hinweisgeber den internen Meldeweg im Unternehmen oder in der Behörde ausschöpfen muss, bevor er sich an externe Stellen wenden kann.


Mangelnde Unabhängigkeit.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde Unabhängigkeit des Hinweisgeberschutzgesetzes. Häufig sind die mit der Umsetzung des Gesetzes betrauten Institutionen oder Stellen eng mit denjenigen verbunden, die von den Meldungen betroffen sein könnten. Dies wirft die Frage auf, ob die Interessen der Betroffenen tatsächlich im Sinne des Gesetzes geschützt werden.


Politische Einflussnahme und Manipulation.

Besonders gefährlich ist, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt durch dieses Gesetz weiter beschädigt wird: Das Whistleblower-Schutzgesetz bietet wunderbare Hebel, um über das, was man als "Missstand" identifiziert, politischen Einfluss zu nehmen - und vielleicht war das ja genau das Ziel, das hinter der Gesetzesinitiative stand, wer weiß. Am Ende ist der Vertrauensverlust da und keiner will es gewesen sein.


Fazit.

Das Hinweisgeberschutzgesetz, das auf den ersten Blick als Bollwerk für Demokratie und Transparenz erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ernsthafte Gefahr für diese Werte. Mangelnde Abschreckung, unzureichende Durchsetzung und die Möglichkeit politischer Einflussnahme machen es zu einem unzuverlässigen Instrument zum Schutz von Whistleblowern und zur Wahrung der demokratischen Integrität.

Demokratie stirbt immer Zentimeter für Zentimeter.

Oder anders ausgedrückt: Nach dem Selbstbestimmungsgesetz, dem Demokratiefördergesetz und dem Hinweisgeberschutzgesetz wäre die einzig logische Schlussfolgerung eigentlich nur ein SchutzvorAmpelGesetz (SchvAmpGes).

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